Damals vor 200 Jahren
Vor 200 Jahren gab es in der ganzen Welt große Veränderungen. Die USA und
die Länder Südamerikas bekamen ihre Unabhängigkeit. In Frankreich gab es
eine Revolution, in Deutschland musste man sich von Napoleon befreien. Mit
der Erfindung der Dampfmaschine kamen die Industrie und die ersten
Eisenbahnen. Man reiste um die ganze Welt und entdeckte neue Länder wie
Australien. Die Christen wollten in diesen Ländern das Evangelium
verkündigen, die ersten Missionsgesellschaften wurden gegründet.
Die Brüderbewegung
Damals gab es keine Evangelische Allianz und keine Ökumene. Die Gläubigen
in den verschiedenen Kirchen und Freikirchen hatten keinen Kontakt
zueinander. Viele meinten, ohne Pfarrer dürfte man keinen Gottesdienst
halten oder das Abendmahl miteinander feiern.
In Dublin, der Hauptstadt Irlands, trafen sich jedoch einige Gläubige aus
unterschiedlichen Kirchen. Sie sagten: „Wir glauben an den gleichen Herrn
Jesus Christus, wir lesen die gleiche Bibel. Warum gehen wir in
verschiedene Gemeinden? Wir können doch auch ohne Pastor zusammenkommen,
die Bibel lesen und das Mahl des Herrn feiern.“
Zuerst trafen sie sich in einer Wohnung an einem Abend in der Woche.
Später feierten sie am Sonntag Gottesdienst. Es kamen immer mehr Leute,
sie mieteten einen Saal. Bald gab es Versammlungen auch in anderen
Städten.
Diese Gemeinden gaben sich keinen Namen. Sie wollten jeden, der an Jesus
glaubt, willkommen heißen. Sie nannten sich einfach „Bruder“ und
„Schwester“. Deshalb bekamen sie bald den Spitznamen „Brüdergemeinde“.
Einer der Leiter der Brüdergemeinden hieß John Darby. Er war früher
Pfarrer der englischen Landeskirche gewesen. Er war viel unterwegs in der
Schweiz, in Frankreich und auch in Deutschland Er predigte die Gute
Nachricht von Jesus und hat auch die Bibel ins französische und deutsche
übersetzt (Elberfelder-Bibel). Er glaubte, die meisten Kirchen waren in
die Irre gegangen. Deshalb musste man aus der Kirche austreten und in die
„Brüderversammlung“ gehen.
Andere Geschwister waren andere Meinung, schließlich kam es zu einer
Spaltung. Die Nachfolger von Darby wurden „exklusive Brüder“ genannt. In
Deutschland sagte man oft dazu „die alte Versammlung“. Die andere Gruppe
wurden „offene Brüder“ genannt. Darby meinte, man muss sich vom Heiligen
Geist leiten lassen. Er lehnte alle Organisation ab. Deshalb gibt es in
manchen Brüdergemeinden keine Leitung. Der Gottesdienst wird nicht geplant
und die Predigt nicht vorbereitet.
Die Evangelische Allianz
Die Evangelische Allianz wurde 1846 in London gegründet. Das Wort
evangelisch hat in englisch einen anderen Sinn als in deutsch. Sagt man in
Deutschland: „Ich bin evangelisch“, so meint man: „Ich bin nicht
katholisch.“ Sagt man in englisch: „Ich bin ein evangelischer“, so meint
man: ich glaube, die Bibel ist Gottes Wort, vom Heiliger Geist inspiriert.
Ich bin errettet, nur weil Jesus Christus für mich gestorben ist. Ich bin
Christ nicht durch Geburt, durch Kindertaufe, durch Erziehung oder
Tradition sondern nur durch persönliche Glaubensentscheidung
(Wiedergeburt). Solche Leute wurden in deutsch früher Pietisten genannt,
besonders in Süddeutschland. Heute nennt man sie evangelikal.
Evangelikale Christen gibt es in den verschiedenen Landeskirchen,
Freikirchen und Landeskirchlichen Gemeinschaften. Sie arbeiten zusammen in
der Evangelischen Allianz vor Ort, in ganz Deutschland und international.
Die Evangelische Allianz ist kein Kirchenbund. Die Mitglieder sind
Einzelpersonen.
Die Ökumene
1910 fand in Edinburgh, der Hauptstadt Schottlands, die erste
Internationale Missionskonferenz statt. Das Thema war: „Wir wollen das
Evangelium in die ganze Welt verkündigen und den König zurück bringen!“
Sie meinten, wenn alle Völker die Gute Nachricht gehört haben, wird Jesus
auf die Erde wiederkommen. Viele meinen auch, es sollte nur eine Kirche
geben, damit die Menschen an Jesus glauben.
Der Ökumenische Rat der Kirchen (ÖRK) wurde 1948 in Amsterdam, der
Hauptstadt der Niederlande, gegründet. Er wird auch Weltkirchenrat
genannt. Mitglieder sind nicht Einzelpersonen sondern Kirchen. Die meisten
evangelischen Landeskirchen und Freikirchen gehören dem ÖRK an. Die
Orthodexen Kirchen wurden 1961 in Neudelhi, der Hauptstadt Indiens, als
Mitglieder aufgenommen. Die Römisch-Katholische Kirche ist kein Mitglied
des ÖRK. Sie sendet nur Beobachter zu den Konferenzen des Weltkirchenrats.
In Deutschland gibt es auch die Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen (ACK).
Sie ist die örtliche Ökumene. Ihr gehört die Römisch-Katholische Kirche
als volles Mitglied an.
Die Ökumene möchte die verschiedenen christlichen Kirchen zusammenführen.
Das Endziel ist eine Weltkirche. Doch viele Christen, die die Bibel ernst
nehmen, haben Bedenken. In der nächsten Folge werden wir sehen, warum.
- Bedenken über die Ökumene
Michael Ponsford
mponsford@t-online.de